Eine Einführung in den Themenschwerpunkt
Martin Clauss/Martin Munke/Markus Pöhlmann
Aufsatz
Veröffentlicht am: 
30. Januar 2017
Schwerpunktthema: 
DOI: 
10.15500/akm.30.01.2017

Die Tagung kreiste im Wesentlichen um Fragen nach militärhistorischen Narrativen, Räumen und Geschichtsbildern in Computerspielen mit kriegsbezogenen Inhalten. Selten hat eine Jahrestagung des AKM ein so heterogenes und gleichzeitig derart in der Thematik stehendes Publikum angezogen. Die Tagungsberichte von Roland Leikauf auf dem Portal Militärgeschichte und von Sebastian Schaarschmidt bei H-Soz-Kult bieten hierzu konzise Überblicke.1 Dem Thema entsprechend hat die Veranstaltung auch Resonanz in den sozialen Medien gefunden.2 Die Veranstalter haben sich nun entschlossen, ausgewählte Erträge der Tagung im Portal Militärgeschichte zu veröffentlichen. Die Beiträge liefern einen guten Überblick über die thematische Bandbreite und die methodischen Zugriffsmöglichkeiten.

So konstatiert Josef Köstlbauer (Bremen), dass sich die Attraktivität des digitalen Kriegsspiels heute wesentlich aus der Existenz realer Konflikte speist. Das unterscheidet es vom Schach und vom Reiswitzschen Kriegsspiel. Das gilt für die jüngere Vergangenheit wie für die Gegenwart gleichermaßen. Blickt man nun auf der Zeitlinie zurück, so scheint die Wirkmächtigkeit der Mutter aller First-Person-Shooter-Narrative – der Plot von Saving Private Ryan – stark im Niedergang befindlich zu sein. Konflikte der Gegenwart treten an die Stelle. Daraus aufbauend stellt der Autor anhand einer Analyse von Combat Mission die Frage, ob Spiele möglicherweise der Realität vorgreifen.

Der Beitrag einer Chemnitzer Studierendengruppe (Janko Dunker, Benjamin Dupke, Stefanie Reinhold, Coretta Storz) geht von der Feststellung aus, dass "Historizität" ein essentieller Bestandteil der Qualitätserwartung an Computerspiele mit historischem Inhalt ist. Die Autorinnen und Autoren entwickeln hierzu ein Authentizitätskonzept, das sie am Fallbeispiel Medieval II: Total War, und dabei im Speziellen der Darstellung der Schlacht bei Hastings 1966, erproben. Sie kommen zu dem Ergebnis, dass Krieg in der digitalen Spielewelt "als einer der bedeutendsten Mittelaltermarker überhaupt" gelten kann. Allerdings stellt dieser Marker ein Hybrid aus mittelalterlicher Ausstattungs- bzw. Kulissenauthentizität und dezidiert neuzeitlichen, weil nationalstaatlichen und gesamtgesellschaftlichen Konzepten von Krieg dar.

Auch für Christian Götter (Braunschweig) und Christoph Salge (Hatfield) ist selbstverständlich, dass Computerspiele Geschichtsbilder transportieren und zur Diskussion über Geschichte anregen. Dies funktioniere allerdings nur dort, wo "historische Zusammenhänge zum Teil der Spielmechanik erhoben werden" und wo damit ihr Verständnis für den Spielerfolg relevant wird. Sie untersuchen diese These u. a. anhand von Forendiskussionen zu den beiden Strategiespielen Historyline: 1914-1918 und Making History: The Great War.

Eugen Pfister (Wien) geht der Frage nach, welche Geschichtsbilder in Spielen zum Thema Kalter Krieg von den Anfängen bis 1989/90, aber auch darüber hinaus formiert haben. Warum bietet der Kalte Krieg überhaupt heute noch eine attraktive historische Folie? Der Autor erklärt dies durch den ausgesprochenen Markencharakter dieser Epoche. Der Kalte Krieg ermöglicht es, Geschichten in Schwarz-Weiß zu erzählen; Geschichten, die Urängste und kollektive Erwartungen aufgreifen, die in der Regel um dystopische, globale Untergangsszenarien kreisen.

 

Vorankündigung:

Josef Köstlbauer, Operationen an den Grenzen des Spiels: Annäherungen an das Simulationsspiel

Janko Dunker, Benjamin Dupke, Stefanie Reinhold, Coretta Storz, Erlebbares Mittelalter? Inszenierte Authentizität am Beispiel der Schlacht von Hastings in Medieval II: Total War

Christian Götter, Christoph Salge, Die Mechanismen der Geschichte im Spiel

Eugen Pfister, Cold War Games™. Der Kalte-Krieg-Diskurs im digitalen Spiel

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